MUTTERLIEBE IST EINE UNBEZÄHMBARE URGEWALT. Ganz egal, wie die Rolle der Frauen und die Rolle der Männer im Laufe der Geschichte auch definiert wurden: Ohne das Prinzip Mutter und auch ohne das Prinzip Vater gäbe es keine Welt mehr, um deren Zukunft man sich Sorgen machen muss. Keine homöopathische Arznei repräsentiert diesen Aspekt des Lebens so stark wie der Pulsatilla-Typ.
Ohne diese Kraft stirbt das Leben aus. Die Mutterliebe ist dabei nicht so sehr als ein Wunder zu begreifen, sondern vielmehr als der Schoß, in dem sich das Wunder "Leben" ereignen kann. Alle
Frauen tragen dieses Prinzip, das die Welt erhält, in sich – unabhängig davon, ob sie Kinder haben oder nicht. Doch fehlgeleitet, kann diese Urkraft auch zerstörerisch wirken. Sie ist ein
zweischneidiges Schwert: Von der liebenden, selbstlosen Fürsorge zum angstvollen, selbstsüchtigen Klammern ist es nur ein kleiner Schritt. Ein Schritt, der den familiären Himmel schnell in eine
konfliktgeladene Hölle verwandelt. In der Homöopathie gibt es kein Mittel, das einen so unmittelbaren Zugang zum Prinzip Mutter hat wie Pulsatilla – wohlgemerkt, zu seinen beiden Aspekten!
Die Wiesenküchenschelle, so lautet der deutsche Name der lilafarbenen Pulsatilla pratensis, hat eine ganz besondere Eigenschaft: Bei Unwetter biegt sie sich zum Boden und richtet sich erst dann
wieder auf, wenn der Sturm vorüber ist. Ein sehr bezeichnendes Verhalten, wie wir noch sehen werden. Denn diese nachgiebige Anpassungsfähigkeit gibt der zarten Pflanze mehr Kraft als die meisten
anderen für sich verbuchen dürfen. Früher fand man Pulsatilla-Pflanzen in größeren Gruppen in Zentral- und Mitteleuropa, auf Weiden und Hochflächen. Doch heute werden die Verbände zunehmend
kleiner, statt auf "Großfamilien" trifft man häufiger auf kleine Grüppchen.
Viele nennen Pulsatilla auch Windblume, weil sie sich mit ihrem flexiblen Stängel mal hierhin, mal dorthin neigt.
DAS SANFTE GEMÜT
Die Anpassungsfähigkeit an ihre äußeren Umstände, das Biegen und das "Mal hierhin, mal dorthin" ist auch für die Pulsatilla-Frau ein charakteristisches Merkmal. Sie ist ein nachgiebiger, sanfter
Mensch und überhaupt nicht streitsüchtig. Sie ist der Gegenentwurf zum Sepia-Typ, den sie mit ihrer weichen, anschmiegsamen und milden Art schnell auf die Palme
bringen kann. Pulsatillas Liebenswürdigkeit und ihr sanftes Herz sind legendär. Sie sieht so weiblich aus wie sie sich fühlt: hübsch anzuschauen, mit weichen sexy Kurven, ein wenig mollig, aber gut
proportioniert und nicht schlaff. Für die Frauenbewegung ist dieser Typ Frau das rote Tuch: Denn für Pulsatilla ist die Familie in ihrer klassischen Form einfach alles. Sie liebt Kinder, sie folgt
bereitwillig ihrem Mann, wenn sie seine Ansichten für besser hält, ohne sich auf Geschlechterkämpfe einzulassen. Sie ist der buchstäbliche Schoß der Familie, der schützende Flügel, unter den sich
alle flüchten. Nicht selten ist sie selbst aber auch das ewig junge Mädchen, das nicht erwachsen werden und hinaus in die feindliche Welt gehen will.
»Du und ich, wir sind eins. Ich kann dir nicht wehtun, ohne mich zu verletzen.«
MAHATMAN GANDHI (1869 – 1948)
Diese Frau bleibt gern Zuhause, isst gern, kocht gern und hat auch keine Probleme mit den drei Ks: Kinder, Küche, Kirche. Warum sollte sich jemand anderer um ihre Familie kümmern, wenn es für sie
selbst doch nichts Schöneres gibt? Ihr Antrieb ist die Hingabe an das, was ihr am wichtigsten ist. Pulsatilla scheint dabei die kämpferische Spannung ganz und gar zu fehlen: Sie weiß, wer sie ist und
wohin sie gehört. Und sie weiß, dass sie bekommt was sie will … und auch, wie sie es bekommt. Denn unter ihrer weichen Schale liegt eine ungeheure Zähigkeit.
EIN FAMILIENMENSCH
Für den Pulsatilla-Typ ist ein Gegenüber – Partner, Kinder, eine Familie, das gemeinsame Zuhause – das Lebenselixier, aus dem sie sich nährt. Dafür nimmt sie es auch in Kauf, wenn ihr Partner
bisweilen schlecht gelaunt ist und vor sich hingrummelt. Solange sie geliebt und umsorgt ist, solange sie so viel Aufmerksamkeit erhält, wie ihr nach ihrer Meinung gebührt, fügt sie sich in die
kleinen Widrigkeiten des Lebens und wird darüber niemals bitter oder bösartig. Trotz aller Sanftheit und Liebenswürdigkeit verliert aber ein Pulsatilla-Typ sein Ziel keine Sekunde aus den Augen:
nicht allein zu sein und nicht allein zu bleiben. Männer mögen diesen Frauentyp, weil er attraktiv, weich und anschmiegsam ist. In ihrer Gegenwart fühlen sie sich wie starke Beschützer, was
natürlich ein sehr anderes Gefühl erzeugt als das, was Sepia oder Platineinem Mann
vermitteln: "Wer braucht schon einen solchen Typen wie dich? Ich kann das alles allein – und besser."
Durch die bereits erwähnte Mädchenhaftigkeit, die sich Pulsatilla bewahrt, wirkt sie oft recht hilflos und in dieser Hilflosigkeit sehr anziehend (denken Sie an Marylin Monroe, die unter anderen
starke Pulsatilla-Anteile hatte), sodass sich oft gleich mehrere Männer gleichzeitig um sie bemühen (denken Sie nun an die Kennedy-Brüder, die beide dem Monroe-Charme erlagen). Was Männer nicht
wissen ist, dass Pulsatilla sich nur schwer entscheiden kann und dass sie, ganz im Gegensatz zu dem Eindruck, den sie vermittelt, eine geradezu krankhafte Furcht vor dem anderen Geschlecht hat. Noch
schwerer wiegt jedoch die Angst, allein zu bleiben, und so gibt sie sich ihrer beträchtlichen Sinnlichkeit hin, verliebt sich oft und gründlich. Die Männer geben sich nach Trennungen quasi die Klinke
in die Hand, weil Pulsatilla ja so ungern allein ist. Erst, wenn sie heiratet und Kinder bekommt (ihr absolutes Lieblingsziel), wird sie zur treu sorgenden Ehefrau – und erneut abhängig davon, dass
ein Mann um sie ist. Sie fühlt sich wohl, wenn sie zu jemandem aufblicken kann. Ihre Ehen sind langlebig und überwiegend glücklich. Und nur, wenn sie krank wird, bekommt sie plötzlich Angst vor dem
Aufblicken und ihr wird schwindelig davon (Schwindel beim Hinunterschauen ist ebenfalls ein Pulsatilla Symptom).
Das Prinzip der „Großen Mutter“ In vielen großen Frauen, die Geschichte geschrieben haben – Marie Curie, Florence Nightingale, Mutter Teresa, Benazir Bhutto oder auch Alice Schwarzer, die schließlich
zur Mutter aller Frauenrechtlerinnen wurde –, ist die zähe Kraft von Pulsatilla sichtbar. Die Lebensentwürfe dieser Frauen scheinen zunächst völlig unterschiedlich. Doch das Prinzip der "Urmutter"
bleibt das Gleiche. Es geht weit über die klassische Familie hinaus.
DIE NÄHRENDE
Es ist ungemein hilfreich, durch die Brille des Homöopathen auf das Leben zu schauen. Was er (oder sie) an Pulsatilla sieht, ist eine Frau, die von Natur aus nährend ist, egal in welcher Situation
sie sich gerade befindet – Zuhause oder im Beruf: Menschen fühlen sich wohl in ihrer Gegenwart, akzeptiert und entspannt. Alles hat bei ihr Platz: Liebe und Verletzlichkeit ebenso wie Frustration und
Ärger. Sie macht weder ihren Chef noch ihre Arbeitskolleginnen schlecht. Dadurch, dass die Dinge einfach sein dürfen, wie sie sind, können Problemlö sungen in ihrer Gegenwart viel schneller
auftauchen als ohne sie. Pulsatilla wirkt wie ein Katalysator. Anstrengungslos erschafft sie eine Atmosphäre, in der Menschen sich innerlich klären können.
IHRE GRÖSSTE STÄRKE: VERGEBEN
Anders als Lachesis, als Natrium oder Sepia fällt es Pulsatilla leicht zu vergeben. Sie ist wie ein Teil der Natur: ein
Acker, der auch dann noch großzügig Früchte schenkt, wenn es auf ihn herunter gedonnert, gehagelt und geblitzt hat.
Voller Güte hält sie nicht fest an alten Verletzungen. Sie kann sich in nahezu jeder Situation vorstellen, warum sich jemand anderes so oder so verhalten hat. Insofern hat sie ein großes Herz und ist
sehr offen und tolerant. Und solange sie gesund bleibt, hat sie die Gabe, Anfeindungen nicht persönlich zu nehmen.
PULSATILLA UND DIE EMANZIPATION
Als Antithese zum heute weit verbreiteten Streben nach einem (vermeintlich) unabhängigen Glück, in dem ein Mann und Kinder meist nicht vorkommen, hat der Pulsatilla-Typ keinen leichten Stand. Für
moderne Karrierefrauen ist es ausgesprochen schwierig, Pulsatilla-Qualitäten überhaupt als Qualitäten zu sehen, geschweige denn als solche zu akzeptieren und anzuerkennen – schon gar nicht an sich
selbst. Eine Hausfrau, die vollkommen glücklich ist in ihrem Zustand? Nicht abhängig, sondern – aus ihrer eigenen Entscheidung heraus – einfach sie selbst als Frau und Mutter? Unmöglich!
MISSIONARISCHER EIFER
In der homöopathischen Praxis zeigt sich oft, dass genau diejenigen Frauen das Mittel bräuchten, die seine Charakteristika am heftigsten ablehnen und am härtesten bekämpfen. Denn auch das ist
eine Seite von Pulsatilla, allerdings erst, wenn sie verletzt wird – das Missionarische in ihr: "Unabhängigkeit für alle Frauen!" – "Alle werden Vegetarier!" – "Ab jetzt nur noch Stoffwindeln!"
Diese und andere Parolen kann sie mit unglaublicher Hartnäckigkeit verbreiten und sich entsprechend engagiert dafür einsetzen. Pulsatilla als homöopathische Arznei zu nehmen, wäre in einem solchen
Fall von Dogmatismus ein Weg, um den weichen und empfänglichen Aspekt in sich selbst wieder zu aktivieren und auch zu integrieren. Denn immer dann, wenn eine Lebensanschauung zu verbissen verteidigt
wird, ist die gesunde Eigenregulation entgleist. Die Ziele, für die Frauen sich mit missionarischem Eifer einsetzen können, sind recht unterschiedlich. So kämpft Pulsatilla häufig für die richtige
Lebensweise innerhalb der Familie.
Sepia dagegen kämpft für die Würde der Frauen und Causticum für Gerechtigkeit. Arsenicum album wiederum kämpft um den ersten
Platz.
EIN HOHER PREIS
Eine Frau, die die Qualitäten der Offenheit und Empfänglichkeit verloren hat, zahlt einen hohen Preis. Sie hat vielleicht im Hinblick auf die Sachebene nicht Unrecht, wenn sie hart und
durchsetzungsorientiert ist, wie etwa Arsenicum. Aber sie bemerkt dabei oft nicht, wie sie Menschen – im übertragenen Sinne – "abknallt", wie zum Beispiel Sepia es tut, wenn jemand ihren
Vorstellungen von der befreiten Frau nicht entspricht. Oder sie vergisst, dass man sich in einem Team auch anders Platz verschaffen kann als durch Intrigen, wie Lachesis, oder herablassende Arroganz, wie Platin. Fakt ist: Jede dieser rüden Vorgehensweisen ist lebens- und erst recht
beziehungsfeindlich. Sie zerstört, statt etwas aufzubauen. Sie entspricht im Grunde dem, wogegen die Frauen der 1970er und 1980er Jahre für sich selbst, ihre Töchter und die Frauen zukünftiger
Generationen auf den Straßen von Berlin oder Paris demonstrierten: die historische Dominanz und Vorherrschaft der Männer; die Selbstverständlichkeit, mit der diese die Denkweise der Frauen
missachteten.
Auf rücksichtslose Art ihre Macht zu behaupten, dient weder einem selbst, noch hilft es anderen. Denn wie hinterlässt ein Mensch letztlich die, die er in die Ecke stellt und vorsätzlich verletzt, um
unter allen Umständen am Ende Recht zu behalten? Ohnmächtig und zornig!
INFO
Jungen und Mädchen
Kleine Jungen profitieren von Pulsatilla als Arznei, solange die zarte Seite ihres Wesens noch sichtbar
und berührbar ist. Bevor sie zu den harten Kerlen erzogen werden, die sich unter allen Umständen in der Welt durchsetzen
müssen – koste es, was es wolle – ist diese weibliche Seite des Lebens in ihnen noch genauso aktiv wie bei kleinen
Mädchen. Wenn die entsprechenden körperlichen Symptome gegeben sind, können beide Geschlechter – Jungen und
Mädchen, Männer und Frauen – durch die hmöopathische Arznei Pulsatilla geheilt werden.
MIT DEM HERZEN DENKEN
Genau diese Empfindung von Ohnmacht oder Zorn kann Pulsatilla innerlich „sehen“ und in jedweder Situation empfinden. Ihr vorausschauendes Einfühlungsvermögen hält sie davon ab, sich auf derartige
Machtspiele einzulassen. Sie ist auf eine ganz besondere Weise fähig, mit dem Herzen zu denken. Fest verbunden und verankert mit den Gesetzen von Mutter Erde, steht die Pulsatilla-Pflanze heute unter
Naturschutz. Es wäre schön, wenn das auch auf ihre Charaktereigenschaften zuträfe! Nicht jede Frau muss zu Pulsatilla werden.
Doch wenn Frauen ihre (jeweiligen!) Qualitäten vorbehaltlos anerkennen und sich selbst und anderen ihre vermeintlichen Schwächen verzeihen könnten – wie eben die gesunde Pulsatilla es fertig bringt
–, dann wäre das ein Gewinn für alle Seiten.
DER VERLUST DER BALANCE
Wenn Frauen krank werden, dann häufig an dem Punkt, wo die Licht- und Schattenaspekte ihrer Konstitution aufeinander treffen. Das zeigt sich bei den verschiedenen Typen in ganz unterschiedlicher
Weise: Bei Lachesis, die ihren Wert daraus schöpft, dass sie alle Aufmerksamkeit auf sich zieht, reicht es, dass ihr Mann einer anderen einen freundlichen Blick
zuwirft – und sie dreht, wenn es ihr gerade nicht sehr gut geht, garantiert durch vor Eifersucht. Im Team der erfolgsorientierten Arsenicum-Frau hat
vielleicht jemand einen Flüchtigkeitsfehler begangen und der fällt nun auf ihre Karrierepläne zurück? Gnade ihm Gott! Die fürsorgliche Pulsatilla schließlich hat ein schönes Essen gekocht,
sich toll angezogen, die Kinder zu Freunden ausgelagert, und ihr Mann kommt nach Hause und würdigt ihre Bemühungen nicht? Dann könnte es ziemlich bewölkt werden am Ehehimmel.
KLAMMERN UND JAMMERN
Pulsatilla, die sonst einen ganzen Stall von Kindern (und nicht nur ihre eigenen) voller Hingabe umsorgen kann, entwickelt nun in ihrer Unsicherheit – wenn sie sich nicht genügend gewürdigt fühlt –
ein nahezu unstillbares Bedürfnis nach Aufmerksamkeit.In der homöopathischen Arzneimittellehre gibt es nur zwei Arzneien, die einen solchen Grad an Selbstsucht erreichen können: Pulsatilla und
Sulfur. Letzterer kann dann kein anderes Ziel mehr verfolgen als nur noch seine eigenen.
LICHT UND SCHATTEN
Es sind die Schattenseiten desselben Charakters, die mithilfe der
passenden Arznei wieder zu ihrer lichten Seite finden können. Die
Tür ist dieselbe, das Haus der Seele enthält beide Seiten. Es ist nur
ein Schritt, ein hauchdünner Grat … und Ihre strahlendste Stärke
kann sich in Ihre größte Schwäche verwandeln.
Pulsatilla, die einende Kraft auf der Achse der Weiblichkeit, wird zu Xanthippe – wie auch die unzufriedene Sepia –, jammert und klagt wie die berüchtigte Gattin
des Sokrates. Er traf sich – fand sie – zu oft mit seinen Freunden. Er diskutierte stundenlang mit ihnen (statt mit ihr). Hätte es vor 2500 Jahren das Fernsehen gegeben, hätte er aus ihrer Sicht auch
garantiert zu viel Fußball geschaut. Er kam außerdem nicht pünktlich zum Essen nach Hause (das kann Pulsatilla gar nicht leiden!). Kurzum: Er schenkte ihr nicht genügend Aufmerksamkeit! Ihre Klage
ist die vieler Frauen, wenn nicht sogar der meisten. Doch ihre ist in diesem Zustand von einem bestimmten Symptom begleitet, was kaum ein Mittel in dieser ausgeprägten Form hat: Sie fängt bei jeder
nur denkbaren Gelegenheit an zu weinen.
WEITERE WICHTIGE SYMPTOME
Ein Ausdruck von Pulsatillas Disbalance können, neben Jammern und Tränen auch Essstörungen sein. Pulsatilla isst dann zu viel und leidet an ihren so typischen Gewichtsschwankungen, die durch
vermehrte Wassereinlagerung im Gewebe oft noch verstärkt werden. Stimmungsschwankungen, die an einen Apriltag erinnern, sind eines der wichtigsten Symptome von Pulsatilla; ebenso wie die Beschwerden
und Schmerzen, die im ganzen Körper umher ziehen: Mal tut es hier weh, dann wieder dort; gerade noch schmerzten die Gelenke, jetzt ist es der Kopf. Sie mag keine Zimmerwärme, braucht viel
frische Luft, aber gleichzeitig fröstelt sie leicht, sodass sie sich warm anziehen muss. Je kranker sie wird, umso mehr wächst ihr Anlehnungsbedürfnis – gemäß dem Sprichwort: "Liebe mich dann, wenn ich es am wenigsten verdient habe, denn dann brauche ich es am meisten."
HUNGER NACH HARMONIE
Die Besonderheit bei diesem Mittel ist, dass die Störung häufig auf das Pubertätsalter zurückgeht, und wenn Sie zu dieser Zeit auch noch Masern durchgemacht haben, dann sollten Sie unbedingt an die
Arznei denken, wenn jetzt pulsatilla-artige gesundheitliche
Beschwerden auftreten. Aus schulmedizinischer Sicht scheint es überhaupt keinen Zusammenhang zwischen den Symptomen zu geben. Aus homöopathischer Sicht dagegen haben sie alle einen gemeinsamen
Nenner: den Verlust der häuslichen Harmonie – der ja auch zu jener Zeit der Ablösungsphase des Teenagers vom Elternhaus zu erleben war.
PULSATILLAS BEFREIUNG
Wenn eine Pulsatilla-Frau allein lebt, wird alles noch schwieriger: Für ihr Gefühlsleben ist es geradezu Höchststrafe, wenn sie nach Hause kommt und es ist dort dunkel und leer. Andere Mitteltypen
können sich wunderbar allein unterhalten, etwa Sepia oder Platin. Pulsatilla aber braucht die Nähe ihrer Liebsten – in gesundem Zustand, gerade aber auch, wenn
sie aus ihrer inneren Balance fällt. Dann allerdings kann Pulsatilla so viele Anforderungen an ihre Familie stellen, dass dieser irgendwann die Luft zum Atmen
ausgeht. Ihre Liebsten beginnen, sich gegen die "samtenen Ketten", wie Catherine R. Coulter die Anhänglichkeit dieses Typs so anschaulich nennt, zu wehren. Sich abzugrenzen ist nicht leicht, weder
für Freunde noch für die Familie: Denn Pulsatillas Bedürfnis nach Unterstützung ist echt und aufrichtig, keineswegs manipulativ, wie bei Natrium oder mit Dramen
gepflastert, wie bei Ignatia. Sie sucht wirklich Rat und ist jederzeit bereit, auch Fehler zuzugeben. Und dennoch kann man sich eines erstickenden Gefühls nicht
erwehren.
DIE ANGST KANN GEHEN
Im gesunden Zustand ist Pulsatilla wie die Göttin der Liebe: fruchtbar, hingebungsvoll und frei davon, immer etwas für sich selbst zu brauchen. Sie verkörpert die reinste Form femininer Energie, in
der die maskuline Energie des selbstbestimmten Entscheidens und Handelns in keinem Augenblick mehr verloren geht. Sie ist wie Eva-Maria Zuhorst die Vorreiterin der Frauengeneration nach der
Emanzipationsbewegung: Ihr Handeln wird aus innerer Gewissheit über das Frausein geboren und nicht aus dem Kampf gegen Männer.
»Was du liebst, lass frei, Kommt es zu dir zurück, gehört es dir für immer.«
KONFUZIUS (551 – 479 V. CHR.)
Wenn sie eines Tages nach Befreiung sucht – von der symbiotischen Verbindung, die sie mit anderen Menschen eingeht; von der Art und Weise, wie sie sich vollkommen vertrauensvoll auf andere verlässt,
aber nicht auf sich selbst – kann ihr das homöopathisch potenzierte Pulsatilla einen Weg zu ihrer inneren Unabhängigkeit öffnen, der ihr mehr Erfüllung schenkt als sie sich je vorgestellt hat.
Typische Auslöser der Beschwerden:
Ablehnung, Schwangerschaft, Verlust der Mutter durch Tod oder Kontaktabbruch, Kinder verlassen das elterliche Heim, Antibabypille
Symptome und Anwendungsgebiete:
Modalitäten: Verbesserung durch frische Luft, kalte Anwendungen,
Bewegung, aufrechte Haltung, Weinen, Trost, kalte Speisen und
Getränke, Aufdecken, äußeren Druck und Reiben. Verschlechterung
abends und nachts, im warmen, geschlossenen Raum (Sauna),
durch schweres, fettes, warmes Essen, Bettwärme, Gewitter, Ruhe,
Hitze, warme Anwendungen (zum Beispiel Ohrwickel).
Aus "Die 9 großen Frauenmittel der Homöopathie",
Katrin Reichelt / Dagmar Uhl, GU