von Katrin Reichelt
Besitzen wollen. Haben wollen. Kontrollieren wollen. Die Gesichter der Eifersucht sind finster. Noch schlimmer als das Gefühl selbst ist das, was es aus uns macht.
Wenn wir befürchten, jemand anderes könnte uns vorgezogen werden, mehr Liebe bekommen, mehr Aufmerksamkeit, Zuwendung, Sex, dann bricht die Hölle los, die Hölle im Kopf. Die ganze Verunsicherung wird
an die Oberfläche gespült, alle Selbstzweifel, die Furcht, nicht schön, reich, schlank, schlau genug zu sein, alle Zurückweisungen, die wir je im Leben erlebt haben, beginnend in der Kindheit.
Es ist das Gefühl, gegen das man sich genauso schwer wehren kann wie gegen das Verliebt-Sein. Dort, wo Verliebt-Sein ist, ist die Angst vor Verlust nicht weit. Wir können uns 1000-mal sagen, dass wir
uns wie Erwachsene verhalten müssten; dass jemand, der uns betrügt und verrät, die Tränen nicht wert ist: Eifersucht scheint ein Eigenleben zu führen in den Tiefen unsere Reptiliengehirns. Wir kennen
nur noch Flucht (in lächerliche Verhaltensweisen) oder Angriff (in ebenso unwürdiger Form).
Eifersucht ist die dunkle, wilde Seite des Verliebt-Seins, unberechenbar, archaisch. Sucht, so wie auch das Verliebt-Sein selbst. So, wie sich im günstigsten Fall Verliebt-Sein in Liebe
verwandeln kann, könnte auch die Eifersucht erwachsen werden. Dann wäre sie die Erkenntnis, dass niemand irgendjemandem besitzt … reine Trauer, die weiß, dass sie nichts festhalten kann, was ihr
ohnehin nie gehörte. Doch stattdessen: Chaos!
„Ist es nicht wundervoll, dass du jetzt einen kleinen Bruder hast?“ Nein! Was soll toll daran sein, die Liebe der Eltern plötzlich teilen zu müssen?
Natrium muriaticum (andere Bezeichnung: Natrium chloratum) ist für Kinder und auch für Erwachsene die passende Arznei; wenn sie
oder auch Sie als Erwachsene(r) versuchen, durch besonders braves Verhalten, durch übergroße Anpassung jeden Konkurrenten überflüssig zu machen. Es ist die versteckteste Art der Eifersucht, weil
dieser Typ nicht in der Lage ist über seine Gefühle zu sprechen. Er oder sie leidet still, weint heimlich, zieht sich immer mehr zurück, versucht, alles immer ganz richtig zu machen. Mehr zu diesem
Typ …
Ebenfalls bei Geschwistern, aber auch bei Liebenden kommt eine zweite Eifersuchts-Arznei in Frage: Apis. Es ist das Mittel z. B. für Schwestern, von
denen jede die Bienenkönigin im häuslichen Stock sein will. Sie sind neidisch aufeinander und auf alles und jedes, das die andere mehr zu haben scheint. Sie wollen am liebsten alles für sich und
exklusiv. So bleibt es bis ins Erwachsenenalter. Der Typ: ausgesprochen sinnlich, Sex ist wichtig. Bleibt die Erfüllung aus, steigern sich Neid und Eifersucht proportional. Sie werden argwöhnisch und
vergiften die Stimmung. Apis ist ebenfalls hilfreich bei Konkurrenzbeziehungen zwischen (Schwieger-)Müttern und
-Töchtern.
Wenn zwei Schwestern denselben Mann lieben und tränenreich um seine Aufmerksamkeit kämpfen, dann ist Pulsatilla das angezeigte Mittel. Dieser Typ hat ein starkes Bedürfnis nach Vereinigung, Symbiose, ineinander aufgehen, und sobald
der Partner seine Aufmerksamkeit in eine andere Richtung lenkt, kommt es zu beträchtlich emotionalen Ausbrüchen mit großen Heulszenen. Mehr zu diesem Typ …
Falls Sie gerade in einer Horrortrennung feststecken, falls Sie nicht aufhören können, darüber zu twittern oder Freunden und Fremden endlose Details zu erzählen; wenn Sie vor Eifersucht vergehen und von allen Kindern, Freunden, und Bekannten bedingungslose Solidarität verlangen, dann kann die homöopathische Schlangenarznei Lachesis die Rettung sein.
Die verhängnisvolle Affäre mit einem verheirateten Mann verlangt meist nach Ignatia, denn die Widersprüchlichkeit
der Beziehung kommt der Widersprüchlichkeit des Mittels an sich geradezu erschreckend nahe. Das Auf und Ab, Ja und Nein, „ich lasse mich scheiden“ oder „ich kann meine Frau nicht verlassen“ führt
zwangsläufig irgendwann zu hysterischen Anfällen, der ultimativen Indikation für Ignatia. Wenn die Geschichte sich ewig hinzieht, muss man an Natrium muriaticum als heilenden Impuls denken – und
heilend ist, den Typ in die Wüste zu schicken. Denn der Betrug endet in den seltensten Fällen bei der ersten Geliebten, auch wenn man sich das nur allzu gern einreden möchte! Mehr zu diesem Typ …
Apropos Betrug und Verrat: Eine stumme Eifersucht, die von verletzter Würde und Demütigung herrührt, kann durch Staphisagria geheit werden. Denn dieses Mittel, das auch das homöopathische „Rohrfrei“ genannt wird, hat schon so manche befähigt, ihren treu- und respektlosen Typen
innerhalb von einer Stunde vor die Tür zu setzen. Der Staphisagria-Typ ist sich zu fein, selbst bei den schlimmsten Demütigungen direkt vor seinen Augen eine Grenze zu setzen ... bis sie dann
irgendwann mit Tellern schmeißt und die Wohnung Türen knallend verlässt. Mhr zu diesem Typ …
Eine besessene und hinterhältige Art von Eifersucht findet sich bei dem attraktiven, sinnlich-verführerischen Lachesis-Typ: Es geht damit los, dass er
oder sie extrem eifersüchtig auf das andere Geschlecht ist: Kleidung, Kinder, Haus, Ansehen, ihren Erfolg, die Einrichtung, einfach alles. In der Partnerschaft ufert es noch weiter aus: Der Lachesis-Typ ist extrem misstrauisch, weil er selbst unter extremem, sexuellem Druck steht und in einem ewigen Zwiespalt lebt, ihm
nachzugeben. Deshalb geht er davon aus, dass dies bei anderen Menschen genauso sein muss. Sie durchwühlen alle Taschen, checken das Handy, die Mails, den Kamm, das Revers am Jackett nach Spuren von
Konkurrent(inn)en. Eine Dreiecksbeziehung ist aus Lachesis-Sicht schon dann gegeben, wenn der Partner auch nur jemanden ansieht, geschweige denn, mit einer oder einem anderen redet. Die Eifersucht
kann soweit gehen, dass ein Lachesis-Typ Ihr Leben ruchlos zerstört.
Argwöhnisch und niederträchtig ist die Eifersucht von Hyoscyamus: Diese Arznei
brauchen diejenigen, die geradezu unter Verfolgungswahn leiden. Sie unterstellen Ihnen argwöhnisch vielleicht ein Verhältnis mit dem besten Freund/der besten Freundin. In ihrer Eifersucht werden sie
ungeheuer obszön und schamlos in ihren Beschimpfungen und Beschuldigungen. Dann sind sie zu keinerlei Mitgefühl mehr fähig. Wenn sie eine Szene machen, gibt es keine Form der Zurückhaltung mehr und
sie sind zu jeder Niedertracht bereit (wie in „Eine verhängnisvolle Affäre“).
Ganz anders ist die konkurrenz-betonte Eifersucht von Nux vomica-Typen: Hier geht es um die Karriere, den Machtanspruch. Dieser Typ will nicht, dass
irgendjemand besser ist als er (oder sie) selbst. Wenn sie können, verhindern sie sogar, dass der Chef auch nur mit jemand anderem redet. Unter Alkoholeinfluss, der beim Nux-vomica-Typ relativ häufig gegeben ist, werden sie grob und ausfallend.
Eifersucht tut immer weh. Das kann auch Homöopathie nicht ändern. Aber sie kann Klarsicht schaffen, Entschlossenheit und Handlungsfähigkeit, falls dies nötig sein sollte.
Wichtig: Oft braucht derjenige, der von der rasenden Eifersucht eines Menschen bis ins Mark getroffen wird, das gleiche Mittel wie der Eifersüchtige selbst.
Hier geht's zur Anwendung der Mittel.